Das Chaos am Grenzübergang in Sunauli
zeigt uns, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Nachdem wir
glücklich alle Formalitäten erledigt haben, wollen wir losfahren.
Dies ist jedoch doch gar nicht möglich, da die einzige Fahrspur aus
dem Ort heraus durch wartenden Gegenverkehr blockiert ist.
Ein Polizist läuft vor uns her und
scheucht alle Fahrzeuge weg, die auf unserer Seite stehen. Mit viel
Mühe gelingt es ihm eine gut 2 Meter breite Gasse frei zuräumen.
Dauernd fährt wieder ein Auto , eine Motorritschka oder sonst ein
Gefährt in diese Gasse. Mit wild fuchtelnden Armen und unter dem
permanenten Ausstoß von Schimpfwörtern werden auch diese
Hindernisse beseitigt. Nach etwa 20 Minuten haben wir 300 Meter
geschafft und das Schlimmste überstanden. Wir können nun endlich
fahren. Die Straße ist erstaunlich gut. Wir können bis zu 40 Km/h
fahren (mit der Zeit wird man eben bescheiden). Manchen Indern -
speziell Busfahrern – ist dieses Tempo jedoch zu langsam. Bei
vollen Gegenverkehr überholt uns ein Bus. Erst geht dem Fahrer wohl
die Übersicht verloren und dann der Platz aus. Jedenfalls zieht er
während des Überholens nach links (Linksverkehr!) und streift mit
dem Bus zunächst die Markise und dann den rechten Außenspiegel.
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Busverfolgung |
Ich verfolge den Bus und kann ihn
schließlich im nächsten Ort stoppen. Zeit den Fahrer zur Rede zu
stellen, was völlig sinnlos ist da er sowieso kein Wort versteht,
und den Schaden zu begutachten. Die Markise sieht ziemlich ramponiert
aus lässt sich aber wieder reparieren. Der Spiegel ist lediglich
verdreht und der Halter etwas verbogen. An der Wohnkabine ist –
Gott sei Dank – kein Schaden. In der Zwischenzeit hat sich ein
riesiger Menschenauflauf um den Bus und das Ogermobil gebildet.
Geschätzte 200 Passanten stehen herum, begutachten die Schäden oder
diskutieren fachmännisch den Hergang. In der ganzen Menschenmenge
ist jedoch kein einziger Polizist zu entdecken und ein Polizeirevier
ist auch nicht in der Nähe, also fahren wir alle weiter.
Der Rest der Fahrt verläuft auf der
völlig überfüllten Straße. Einige Busse, LKW's, und Autos, sowie
unübersehbar viele Motorrischkas, Rischkas, Mopeds und Fußgänger
teilen sich die schmale Straße, die den prahlerischen Namen
„National Highway“ trägt.
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Reparatur auf dem "National Highway" |
In lockerer Folge tauchen auch noch
Kühe, Esel, Schweine, Ziegen, Affen und Hühner auf der Fahrbahn
auf. Bis auf die Fußgänger und Tiere macht jeder soviel Krach wie
möglich um den anderen Verkehrsteilnehmern das eigene Kommen
anzukündigen. Ein permanentes Hupkonzert ist die Folge. Unsere
Drucklufthupe - die jeden rechtschaffenden TÜV-Mitarbeiter in Entsetzen verfallen lassen würde - ist ebenfalls im Dauereinsatz und sorgt dafür, daß
wir ohne weitere Zwischenfälle Varanasi erreichen.
Varanasi – die heilige Stadt der
Hindus. Die Stadt in der man die Spiritualität der Hindus spürt.
Der Höhepunkt der Indienreise .... etc,etc. So lautet die
Beschreibung von Varanasi im Lonely Planet - Reiseführer.
Was wir vorfinden ist eine
unglaubliche Stadt. Unglaublich voll, unglaublich dreckig,
unglaublich laut und die Einwohner sind unglaublich gut im Ausnehmen
von Touristen.
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Normalzustand 1 |
So eine Stadt haben wir noch nicht
gesehen. Der Verkehr ist noch schlimmer als in den Tagen zuvor.
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Normalzustand 2 |
Die Straßen sind voll. Mit Leuten,
Tieren. Alles, von der Ratte bis zur Kuh, tummelt sich in den engen
Gassen. Die Schweine fressen sich an den Müllbergen satt (in Indien
sind wir nun Vegetarier). Bettler und Obdachlose sitzen und liegen
auf den Straßen und verbringen damit den Tag.
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Bettler |
Jeder Rikschafahrer,
Boots- und Ladenbesitzer versucht die Touristen über das Ohr zu
hauen. Besonders schlimm ist die Situation in der Altstadt an den
Ganges Ghats. Die Einen baden im Ganges (aus religösen Gründen), die Anderen waschen die Wäsche und die Dritten füllen sich köstlich braunes Wasser in Flaschen ab.
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Ghat am Ganges |
Direkt nebenan werden die Toten aufgebahrt und anschließend in aller
Öffentlichkeit verbrannt. Dabei ist es überall unglaublich
schmutzig und stinkt.
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Holzlager für die öffentliche Leichenverbrennung |
Für uns ist die Stadt ein Alptraum und
wir sind froh das wir nach zwei Tagen weiterfahren. Richtung Süden.
In die Mitte von Indien. Dort soll alles besser sein.
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