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Sonntag, 11. August 2013

Tadschikistan - Pamir Highway

Eine der legendärsten Straßen überhaupt ist der Pamir Highway. Die Verbindung von Zentralasien nach China über die Pamir Hochebene. Die Straße verläuft überwiegend durch eine grandiose Bergwelt in etwa 3800 Meter Höhe und es sind mehrere über 4000 Meter hohe Pässe zu überwinden. Soweit die Theorie.  

Wir sind den Pamir Highway von West nach Ost, d.h. Von Duschanbe über Khorog zum Kyzyl-Art Pass gefahren.

Von Duschanbe fährt man zunächst auf einer 4-spurigen Schnellstraße nach Osten nach etwa 20 Kilometern erreicht man Vahdat. Dort muss man sich entscheiden, ob man die südliche oder die nördliche Variante nimmt. Da wir uns etwas beeilen müssen haben wir die etwa 100 Km kürzere nördliche Strecke gewählt. Die Straße ist ganz brauchbar...für die nächsten 60 Km. Hinter dem Dorf Obigramm baut sie zusehends ab und entwickelt sich zu einer holprigen Piste auf der wir kaum schneller als mit 20 Km/h vorankommen.

Nach 8 Stunden Schleichfahrt haben wir immerhin 140 Kilometer zurückgelegt...Das motiviert ungemein. Noch liegen über 900 Kilometer bis zur kirgisischen Grenze vor uns. Wir übernachten am Kharubot Pass in 2.400 Meter Höhe.
Kharubot Pass
Die Schleichfahrt setzt sich am nächsten Tag fort, wobei die Strecke ab Kalaikhum etwas besser wird, was sich sofort positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt. Wir erreichen nun schon 40 Km/h...zumindest Abschnittsweise.Die Strecke führt nun am Ufer eines reißenden Gebirgsflusses entlang. Der Fluss ist zugleich die Grenze zu Afghanisten. Am anderen Ufer liegen einige Siedlungen und die Bewohner winken uns zu.

Grenze zu Afghanistan
Nach etwa 140 Kilometern wird die Strecke erneut besser. Wir haben nun überwiegend Asphalt unter den Rädern, so das die verbleibenden 100 Kilometer bis Khorog schon fast entspannt zu fahren sind.

Khorog
Am nächsten Tag erwartet uns eine positive Überraschung. Für die nächsten 100 Kilometer rollen wir tatsächlich über guten Asphalt. Es geht stetig bergauf. Nach 180 Kilometern haben wir bereits eine Höhe von 3.100 Metern erreicht. 

Jetzt beginnt der Anstieg zum Koy-Tezek Pass mit 4.272 Metern der bisher höchste Pass. Prompt verabschiedet sich der Asphalt und es geht auf Schotter bergan. Der Verkehr ist insgesamt mäßig und besteht im wesentlichen aus LKW's auf der Fahrt von oder nach China und ...Überraschung, Überraschung.. aus Radfahren.
Von der Slowakei ins Pamirgebirge...
Zeitweise fühlen wir uns an den Donauradweg versetzt. Radler über Radler. Einzeln, zu Zweit oder in Gruppen. Alle paar Kilometer begegnen wir Fahrradfahrern aus Europa. Manche sind seit Monaten unterwegs und von Europa bis ins Pamir gefahren, andere sind nach Duschanbe geflogen und fahren jetzt eine Runde durchs Hochgebirge. Unabhängig wie die Radler hierher gekommen sind, wir finden, dass es eine große Leistung ist bei der Hitze von über 30° auf 4.000 Meter Höhe auf einer teilweise schrecklichen Straße Pässe mit dem Fahrrad hinauf und herunter zu fahren.

Nach dem Key-Tezek Pass befinden wir uns auf der Pamir Hochebene auf etwa 3.800 Meter.

Am Key-Tezek Pass
Grundsätzlich wird die Straße Richtung Osten nun besser. Kurz vor der kirgisischen Grenze wird der Akbaytal Pass erreicht. Er ist mit 4.655 Metern auch der höchste Punkt der Strecke.

Anfahrt zum Akbaytal Pass
Trotz der schlechten Dieselqualität...der Motor des Ogermobils läuft auch in dieser Höhe einwandfrei. Es macht sich jetzt bezahlt, dass wir den Partikelfilter vor der Reise ausbauen ließen. Das Auto rußt zwar ordentlich und auch die Leistung ist schlechter als im Flachland, doch er läuft...

Der Akbaytal Pass ist nicht der letzte Pass. Es wartet noch der Kyzyl-Art Pass auf uns. Der ist nur 4.272 Meter hoch und markiert die Grenze zwischen Tadschikistan und Kirgistan.

Kyzyl-Art Pass
Der tadschikische Grenzposten befindet sich auf der Passhöhe. Der kirgisische Posten dagegen 20 Kilometer weiter.
Die Fahrt durch das Niemandsland entwickelt sich für uns zu einem kleinem Abenteuer. Nicht wegen der Straße,..die hat sich nämlich verabschiedet und ist wieder zu einer schlechten Piste geworden, sondern weil sich direkt vor uns eine Schlammlawine den Weg ins Tal bahnt und dabei die Piste zum Teil wegreißt und zum Teil verschüttet.

Teil der Schlammlawine
Zusammen mit zwei LKW's und zwei Radfahren stehen wir ziemlich fassungslos vor den Resten der Piste.  

Wir sind gefangen im Niemandsland. Nach vorne geht im Moment nichts, und nach hinten ebenfalls nicht. Zurückfahren können wir nicht, da wir nicht mehr nach Tadschikistan einreisen können (Visa) und die Umfahrung der Stelle zudem 800 Kilometer lang wäre.

"Campingplatz" Kyzyl Art Pass

Da es schon spät ist beschließen wir uns häuslich einzurichten und die Nacht auf der Straße zu verbringen. Die Radfahrer bauen ihr Zelt auf und die LKW-Fahrer machen es sich in der Kabine ihres LKW's bequem. Die Nacht kann kommen...und sie kommt - mit einer Temperatur von 3° wird es unangenehm kühl.

Der nächste Morgen bringt die spannende Frage: Wie geht es weiter? Kommen Bagger oder sonstiges Gerät um die Straße zu reparieren oder werden wir im Niemandsland schlicht vergessen?

Bevor wir uns diesen Fragen stellen trinken wir jedoch erst einmal Kaffee und versorgen unsere Leidensgenossen mit heißem Tee.

Gegen 8:00 Uhr treffen weitere Fahrzeuge – jedoch kein schweres Gerät – ein. Die Gruppe hat jetzt eine Mannschaftstärke von etwa 30 Personen erreicht.

Bergungsversuche 1

Da von Baggern weiterhin nichts zu sehen oder zu hören ist, wird die Sache jetzt in Eigeninitiative angegangen. Es wird eine Kette gebildet und Steine in die Ausspülungen geworfen. Der Schlamm, der etwa 50 cm hoch auf der Fahrbahn liegt, wird auch mit Steinen gefüllt. Nach etwa 2 Stunden probiert ein mutiger Fahrer die von Hand reparierte Straße aus und bleibt prompt stecken. Es dauert weitere 2 Stunden das Fahrzeug zu befreien und die Straße weiter zu verbessern.  

Bergungsversuche 2

Gegen 12:00 Uhr ist es endlich soweit. Die Reparatur ist soweit vollendet, dass mit etwas Geschick die Schlammlawine überfahren werden kann.  

Diese Geschick legen jedoch nicht alle Fahrer an den Tag. Der Fahrer eines Jeeps verbrennt die Kupplung bei dem Versuch sich aus dem Schlamm zu befreien und ein Anderer verliert den Auspuff seines Fahrzeugs.

Wir kommen - dank der Motorkraft des Ogermobils – heil durch und sind froh dass wir dieses Abenteuer ohne Schäden überstanden haben.