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Donnerstag, 11. Juli 2013

Iran - Verkehr

Ein Kapitel für sich – der Straßenverkehr im Iran. Wie an anderer Stelle erwähnt sind die Iraner überwältigend freundliche und hilfsbereite Gastgeber, jedoch nicht wenn sie in einem Auto oder auf einem Moped sitzen. Dann mutiert der netteste Iraner zu Michael Schuhmacher. Mit dem Messer zwischen den Zähnen wird Auto oder Moped gefahren. Jeder ist sich selbst der Nächste und das Wort „Rücksicht“ ist aus dem Wortschatz gestrichen.
Im Iran gibt es natürlich Verkehrsregeln, die denen in Deutschland weitgehend gleichen. Das Problem ist nur, dass sie nicht jeder zu kennen scheint, oder dass sie schlichtweg ignoriert werden. Deshalb hier ein paar Regeln die von allen Iranern angewendet werden.

Regel Nr. 1 – Vorfahrt

Die Vorfahrtregelung wurde uns schon am dritten Tag im Iran von dem äußerst netten Mitarbeiter der Touristeninformation in Tabriz am Beispiel des Kreisverkehrs erklärt. Gaby – äußerst verunsichert wie wir uns im Kreisverkehr zu verhalten haben – fragt ihn:
„Wer hat Vorfahrt, wenn ich in den Kreisverkehr einfahren möchte und im Kreisverkehr kommen andere Autos?“ Antwort: „Natürlich Du.“ Weitere Frage von Gaby: „Und wenn ich im Kreisverkehr bin. Wer hat dann Vorfahrt?“ Antwort: „Natürlich auch Du“.
Vorfahrt hat also grundsätzlich derjenige, der entschlossener in die Kreuzung einfährt. Einzige Ausnahme sind die Ampeln, die weitgehend respektiert werden.

Regel Nr. 2 – Überholen

An unserem ersten Tag im Iran befahren wir eine gut ausgebaute Passstraße mit Serpentinen. Auf der Straße sind auch viele langsame LKW's unterwegs, hinter denen es zu Stau's kommt. Leider herrscht auch starker Gegenverkehr, so dass es manchmal schwierig ist an den LKW's vorbei zu kommen.
Doch die Iraner haben eine Lösung für das Problem. Wenn man links nicht vorbei kommt, dann eben rechts in einer Serpentine, die nach rechts geht. Der Iraner fährt dann mit Vollgas über den unbefestigten Randstreifen um dann am Ende der Kurve mit einem wild springenden Auto sich wieder auf die Straße zu drängeln.

Auf den „normalen“ Überlandstraßen wird in der Regel links überholt – auch bei Gegenverkehr. Der muss dann eben bremsen. Dagegen wird auf mehrspurigen Straßen überholt wo Platz ist, und Platz ist eigentlich überall.


Regel Nr. 3 – Beachtung von Straßenmarkierungen und Verkehrsschildern

Straßenmarkierungen und Verkehrsschilder haben im Iran eher einen dekorativen Charakter.
Innerorts werden Straßenmarkierungen nicht eingehalten, weil das einer Platzverschwendung gleich käme. Ist eine Straße zum Beispiel zweispurig markiert, kann man sich bei richtiger Ausnutzung des vorhanden Verkehrsraumes auch zu viert nebeneinander an die Ampel stellen. Dass hinter der Kreuzung auf der rechten Spur parkende Autos stehen, wird ebenso ignoriert, wie die Tatsache, dass garantiert eines oder mehrere der Fahrzeuge, die sich rechts an der Ampel aufgestellt haben nach links abbiegen wollen.
Das Ergebnis ist absehbar. Es kommt sowohl auf, als auch nach der Kreuzung zu einer unvorstellbaren Verknotung der Fahrzeuge. Da jeder weiß, dass es eng wird, gibt er ordentlich Gas um ja als Erster im Knäuel zu stecken.
Auch außerorts gibt es kaum jemanden, der die Fahrspur zuverlässig einhält. Es ist ja auch ziemlich schwierig mit den Knien akkurat zu lenken, während man mit der einen Hand telefoniert, mit der anderen Hand eine Zigarette hält und gleichzeitig mit dem Beifahrer diskutiert.

Überhol-, Halteverbote, durchgezogene Linien, Geschwindigkeitsbegrenzungen ? Geschenkt. Unter den aufmerksamen Augen der Polizei wird verbotener weise überholt, geparkt und Gas gegeben.
Doch auch hier keine Regel ohne Ausnahme. Auf den mehrspurigen Überlandstraßen gibt es viele mobile und stationäre Radarkontrollen. Diese sind jedoch netter weise immer in den Abschnitten platziert, in denen die zulässige Geschwindigkeit zwischen 100 und 120 Km/h liegt und nicht in Ortsdurchfahrten, Kreuzungsbereichen oder anderen Abschnitten in denen man langsam fahren soll.

Regel Nr. 4 – Ausnutzung der Transportkapazitäten

Wann ist ein Auto oder Moped vollbesetzt.? Wenn die Anzahl der Personen gleich der Anzahl der Sitze ist, oder wenn niemand mehr hinein oder drauf gesetzt werden kann. Im Iran ist die Antwort klar. Ein Auto ist voll, wenn wirklich niemand mehr hineingeht, was üblicherweise bei 7 oder 8 Personen - in einem normalen PKW - der Fall ist.
Ein Moped ist vollbesetzt, wenn die gesamte Familie (Vater, Mutter und 1-2 Kinder) auf dem Sattel sitzen. Wenn man schon so gedrängt sitzen muss, ist auch klar, dass man sich dann im PKW nicht mehr anschnallen oder auf dem Moped einen Helm aufsetzen kann.


Wenn man sich mit den obigen Regeln vertraut gemacht hat, ist das Fahren im Iran eigentlich ganz angenehm. Nicht zuletzt auch wegen der – überwiegend – sehr guten Straßen, die ein gutes Vorankommen gewährleisten.



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